Leberveränderung bei einem Kaninchen (Oryctolagus cuniculus)

 

Antonio Meléndez-Lazo1 DVM MSc PhD DipECVCP MRCVS 

Laura Vilalta Solé1,2 DVM DipECZM (Small mammals)

1.   1.    LABOKLIN

2.   2.    Hospital de la Universidad Católica de Valencia (Spain)

 

SIGNALEMENT UND ANAMNESE

Ein 10 Wochen altes, weibliches Angora Kaninchen (Oryctolagus cuniculus), mit einem Körpergewicht von 540g wurde wegen mangelnder Gewichtszunahme vorgestellt. Das Kaninchen war einen Monat zuvor in einem Heimtiergeschäft gekauft worden.


KLINISCHE UNTERSUCHUNG

In der klinischen Untersuchung wurden, bis auf die hochgradige Abmagerung (BCS 1/5) keine Auffälligkeiten gefunden. Das Kaninchen war munter und aufmerksam, fraß und setzte normalen Kot während der Untersuchung ab.

 

WEITERFÜHRENDE UNTERSUCHUNG

Hämatologie und klinische Chemie

Eine Blutuntersuchung mit Blutbild und klinischer Chemie ergab keine Auffälligkeiten.

 

Bildgebende Verfahren

Es wurden Röntgenbilder im ventrodorsalen und laterolateralen Strahlengang ohne Kontrastmittel (Abb. 1) angefertigt sowie ein abdominaler Ultraschall (Abb. 2) durchgeführt.

Abb. 1
Abb. 2

Zytologie

Eine Feinnadelbiopsie (FNB) der Leberveränderungen wurde durchgeführt und zytologisch untersucht (Abb. 3).

Abb. 3

Kotuntersuchung

Eine Kotuntersuchung wurde ebenfalls durchgeführt (Abb. 4).

Abb. 4

 

 

Wie würden Sie die Ergebnisse der Bildgebung interpretieren?

Wie würden Sie die Ergebnisse der Zytologie interpretieren?

Wie würden Sie die Ergebnisse der Kotuntersuchung interpretieren?

 

Wie würden Sie die Ergebnisse der Bildgebung interpretieren?

Auf den Röntgenaufnahmen zeigte sich ein mittelgradiger Verlust der peritonealen Details sowie eine Hepatomegalie. Differentialdiagnosen für den Detailverlust umfassen einen Bauchhöhlenerguss, Kachexie, Alter (Jungtiere), generalisierte Peritonitis und/oder einen „normalen“ kontrastarmen Zustand der bei einigen Kaninchen beobachtet wird.

Ein abdominaler Ultraschall betätigte die mittelgradige Hepatomegalie, und es fanden sich multiple, generalisiert verteilte, hyperechogene und abgegrenzte rundliche Veränderungen in der Nähe der Gallengänge. Die Gallengänge waren mittelgradig erweitert und eine geringgradige, anechogene peritoneale Flüssigkeit wurde beobachtet. Darüber hinaus fanden sich keine weiteren Veränderungen.

Die Differentialdiagnosenliste umfasste Hepatitis / Cholangiohepatitis (vermutlich infektionsbedingt: Kokzidiose) oder Granulome.

 

Wie würden Sie die Ergebnisse der Zytologie interpretieren?

Die Ausstriche aus den Feinnadelbiopsien waren zellreich mit sehr guter Zellerhaltung. Es fanden sich hepatobiliäre Parenchymzellen und Kokzidien in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Die Oozysten der Kokzidien waren groß und oval bis ellipsoid (ca. 30-39 x 18-22 µm) und lagen zwischen den Hepatozyten und den Gallengansepithelzellen (Abb. 3A).

Undifferenzierte Stadien der Kokzidien waren in einer mittleren Anzahl vorhanden und diese lagen innerhalb des apikalen Teils der Gallengangsepithelien sowie extrazellulär vor. Diese Strukturen waren rund und blau mit großen, prominenten und exzentrisch gelegenen Zellkernen und zeigten teilweise intrazytoplasmatischen Vakuolen (Abb. 3C).

Makrogametozyten (weibliche Gamonten) wurden innerhalb der Gallengangsepithelien gefunden und diese waren ca. 30x20µm groß und oval. Im Inneren dieser Gamonten war eine große Menge an runden, blauen zytoplasmatischen Granula vorhanden (Abb. 3B).

Mikrogameten waren in geringer Anzahl im Hintergrund eingestreut und sowohl einzeln als auch in kleinen Gruppen gelegen. Diese Strukturen waren ausgezogen, kommaförmig, violett, ca. 1x10µm groß und biflagelliert (Abb. 3D).

Kohäsive Verbände dichter und mittelgradig hyperplastischer Gallengangsepithelien waren vorhanden. Diese Zellen waren kubisch bis hochprismatisch mit blauem Zytoplasma. Auch einige Verbände von Leberzellen wurden beobachtet.

Die zytologischen Befunde waren vereinbar mit einer Eimeria stiedae Infektion (Leberkokzidiose) und Gallengangshyperplasie.

 

Wie würden Sie die Ergebnisse der Kotuntersuchung interpretieren?

Eine hohe Anzahl an Kokzidien-Oozysten in unterschiedlichen Sporulationsstadien wurden gefunden (Abb. 4A-B). Bei Eimeria Spezies, liegen pro Oozyste je 4 Sporozysten vor von denen jede jeweils 2 Sporozoiten enthält (Abb. 4C).

DIAGNOSE: Leberkokzidiose (Eimeria stiedae Infektion)

 

BEHANDLUNG UND VERLAUFSKONTROLLE

Toltrazuril (20 mg/kg SID p.o.) wurde für zwei aufeinanderfolgende Tage verabreicht. Eine erneute Behandlung nach 5 Tagen wurde empfohlen.

Eine Verlaufskontrolle konnte nicht durchgeführt werden, aber die Besitzer bestätigten ein gutes Ansprechen auf die Therapie.

 

ZUSAMMENFASSUNG

Kokzidiose ist eine häufige, schwächende und manchmal tödlich verlaufende parasitäre Erkrankung mit mehr als 16 verschiedenen kausativen Erregerspezies der, zu der Untergruppe Apicomplexa gehörenden, Eimeria. Eimeria stiedae ist einer der pathogensten Erreger dieser Gruppe, da er die Gallengänge und Leber befällt und zu Hepatomegalie, Schwäche, verminderter Futterverwertung, Durchfall oder Konstipation, Aszites, Ikterus, abdominaler Auftreibung führen und potentiell tödlich verlaufen kann. Jungtiere sind am empfänglichsten für die Erkrankung, während Adulttiere vor allem als Erregerreservoir und damit mögliche Infektionsquelle dienen. Andere Eimeria Spezies befallen hauptsächlich den Intestinaltrakt und werden mit klinischer Symptomatik wie Durchfall und plötzlichen Todesfällen, aber auch subklinischen Effekten wie verminderter Gewichtszunahme und gastrointestinalen Störungen in Verbindung gebracht.

Der Infektionsweg beim Kaninchen erfolgt über die Aufnahme von sporulierten Oozysten. Die Oozyste ist oval bis ellipsoid und enthält 4 Sporozysten mit jeweils 2 Sporozoiten. Die Sporozoiten durchbrechend die Mukosa des Dünndarms und gelangen über die mesenterialen Lymphknoten und das portale System in die Leber. In der Leber wandern sie dann in die Epithelzellen der Gallengänge und seltener des Leberparenchyms. Sie durchlaufen eine unterschiedlich hohe Anzahl asexueller Reproduktionszyklen bevor sich Geschlechtszellen ausbilden (Gametogonie). Die Leber ist stark vergrößert und die Gallengänge sind deutlich dilatiert mit einer hochgradigen Hyperplasie des duktalen Epithels. Verschiede Entwicklungsstadien des Parasiten können innerhalb der Epithelzellen beobachtet werden und es finden sich Oozysten im Lumen der Gallengänge. Das Lebergewebe wird durch den erhöhten Druck der von den Gallengängen ausgeht, zerstört und im Weiteren bindegewebig ersetzt. Die Oozysten gelangen über die Gallengänge nach etwa 18 Tagen post infectionem in den Kot und eine Sporulation erfolgt nach 3 Tagen.

Eine E. stiedae Infektion kann über die Identifikation der Oozysten im Kot (Größe, Form und Struktur) oder in zytologischen Präparaten aus einer Leber-Feinnadelbiopsie nachgewiesen werden. Die Oozysten müssen von anderen, intestinalen Eimeria Infektionen abgegrenzt werden, die bei Kaninchen ebenfalls in hoher Menge im Kot vorliegen können. Die Höhe der Serum ALT, AST und GGT Aktivitäten sowie Globulin- und Totalproteinspiegel (üblicherweise mit erniedrigten Albuminspiegeln), sind abhängig vom Ausmaß der hepatozellulären Zerstörung und Cholestase.

Toltrazuril ist ein Breitspektrum-Antikokzidien Präparat gegen verschiedene Eimeria Spezies und wird zur Behandlung einer Kokzidiose beim Kaninchen eingesetzt. Das Medikament ist dabei gegen alle intrazellulären Entwicklungsstadien, sowohl der Schizogonie und Gametogonie wirksam.