Abdominale Masse unbekannter Herkunft bei einer adulten Katze
Signalement und Anamnese
Vorstellig wurde eine 12 Jahre alte EKH mit Anorexie seit 2 Wochen und gelegentlichen Episoden von Erbrechen in den letzten 3 Monaten. Eine initiale symptomatische Therapie mit Antiemetika (Maropitant) blieb erfolglos. Die Katze wurde zur weiteren Diagnostik überwiesen. Es stand nur ein schmales Budget der Besitzer zur Diagnostik zur Verfügung.
Klinische Untersuchung
Bei Vorstellung war die Katze ruhig, aufmerksam und responsiv. Sie hatte Untergewicht mit einem Body Condition Score von 2/9. Das Abdomen war leicht aufgebläht. Die Schleimhäute waren pink, die KFZ betrug < 2 Sekunden. Die Herzfrequenz lag bei 150 Schlägen/Minute, die Auskultation war ohne besonderen Befund.
Weitere Untersuchungen
Hämatologie und Blutchemie
Es wurde Blut für eine hämatologische und blutchemische Untersuchung gewonnen. Im Blutbild war eine milde normzytäre, normochrome schwach regenerative Anämie (Hkt 24%, RB: 30-44%) auffällig.
In der Blutchemie fielen eine milde Erhöhung der Harnstoffs (11,4mmol/l, RB: 5,4-10,7mmol/l) und eine geringgradige Erniedrigung des Chlorids (105mmol/l, RB: 110-127mmol/l) auf. Aufgrund der Vorgeschichte und dem Fehlen weiterer Veränderungen im Blutbild handelte es sich wahrscheinlich um eine Anämie der chronischen Erkrankung.
Die milde Erhöhung des Harnstoffs bei normalem Kreatinin spiegelte vermutlich eine Dehydratation wieder, welche mit der Bestimmung des spezifischen Gewichts im Harn (1.050) bestätigt wurde. Die geringgradige Erniedrigung des Chlorids wird auf einen Verlust sekundär zum Erbrechen zurückgeführt.
Bildgebende Verfahren
Es wurden eine Röntgenuntersuchung und eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens durchgeführt bei denen eine gut abgegrenzte, gekammerte mesenteriale Zubildung (Durchmesser 4cm) gefunden wurde (Abb. 1). Sie lag neben dem Duodenum, war aber nicht mit diesem verbunden. Außerdem hatte die Katze geringgradig freie Flüssigkeit im Abdomen. Weitere Befunde wurden nicht erhoben.
Zytologie
Es wurde eine ultraschallgestützte Feinnadelaspiration der Masse empfohlen, welche am nächsten Tag unter Sedation durchgeführt wurde. Vor der Punktion wurden noch die Gerinnungsparameter bestimmt, um eventuelle Gerinnungsstörungen auszuschließen. Sie waren im Referenzbereich (PT
8,5s; RB: 7,6-11,6s; aPTT 18,7s; RB: 12,5-25,5s). Die Thrombozytenzahl war ebenfalls normal (265x109/l; RB: 150-600 x109/l). Eine Schleimhautblutungszeit wurde nicht durchgeführt.
Eine geringe Menge des abdominalen Ergusses wurde punktiert und untersucht (siehe Tabelle 1)
Parameter | Ergebnis | Referenzbereich |
Spezifisches Gewicht | 1.035 | > 1.025 (Exsudat) |
Totalprotein | 4.0 g/dl | >3.0 g/dl (Exsudat) |
Kernhaltige Zellen | 6 x 10^9 /l | >3.0 x 10^9/l (Exsudat) |
Rote Blutzellen | 0.1 x 10^12/l |
Tabelle 1: Ergebnisse der Untersuchung abdominaler freier Flüssigkeit einer Katze mit abdominaler Masse. Die Ergebnisse wurden mit dem Sysmex XT- 200i Hematology System erzielt (Sysmex Corporation, Kobe, Japan)
Es wurden 3 Direktausstriche und ein Sedimentausstrich angefertigt. Die folgenden Bilder zeigen die relevantesten Befunde dieser Proben.
Interpretation der Ergebnisse
Zytologie
Der Zellerhalt der Präparate war gut. Der Hintergrund war sauber, die Anzahl der roten Blutzellen war moderat. Es wurden häufig meist einzeln liegende mononukleäre Zellen gefunden. Diese Zellen waren groß und hatten mäßig bis reichlich basophiles Zytoplasma, häufig mit ausgefransten Zellgrenzen und gelegentlich mit kleinen deutlichen intrazytoplasmatischen Vakuolen.
Die Zellkerne waren rund, lagen zentral oder parazentral, und hatten grobkörniges Chromatin und bis zu 3 markante runde Nukleoli. Anisozytose und Anisokaryose waren mäßig bis ausgeprägt. Es wurden auch wenige zwei- und mehrkernige Zellen mit einigen mitotischen Figuren gesehen. Des Weiteren wurden wenige Leukozyten, meist kleine Lymphozyten und Neutrophile gefunden.
Die Befunde sprachen für eine reaktive mesotheliale Hyperplasie oder ein Mesotheliom. Ein Mesotheliom war die wahrscheinlichere Differentialdiagnose. Eine reaktive mesotheliale Hyperplasie erschien wegen der vorhandenen Masse und des Fehlens weiterer Entzündungsanzeichen im Präparat eher unwahrscheinlich. Eine reine zytologische Untersuchung kann die beiden Differentialdiagnosen aber nicht sicher unterscheiden, daher wurde eine histologische Untersuchung zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose empfohlen. Ein Karzinom wurde wegen der Anordnung der Zellen (einzelne Zellen) und der Zellmorphologie (runde Zellen mit fransigen Zellgrenzen) nicht in die Differentialdiagnosenliste aufgenommen, da dieses Bild nicht typisch für ein Karzinom ist.
Im Folgenden wurde eine ultraschallgestützte True Cut Biopsie in Vollnarkose durchgeführt.
Histologie
Die True Cut Biopsie war gekennzeichnet durch einen kleinen Bereich von fibrösem Gewebe, der durch Mesothelzellen begrenzt war und eine Proliferation atypischer Zellen aufwies, welche in röhrenförmigen oder zystischen Strukturen mit nekrotischem Inhalt angeordnet waren. Diese Strukturen wurden durch quaderförmige Zellen mit erhöhtem Kern- Plasma Verhältnis und schlecht ausgeprägten Zellrändern begrenzt. Der Zellkern war rundlich mit fein punktiertem Chromatin und einem oder mehreren runden Nukleoli. Anisozytose und Anisokaryose waren mäßig ausgeprägt und es wurden einige mitotische Figuren gesehen. Außerdem wurden minimale multifokale lymphoplasmazelluläre Infiltrate beobachtet. Diese Ergebnisse bestätigen den Verdacht einer malignen Neoplasie, vermutlich Mesotheliom. Es wurden weitere Untersuchungen empfohlen um die mesotheliale Herkunft der infiltrierenden Zellpopulation zu bestätigen.
Immunhistochemie
Um die mesotheliale Herkunft der Zellen zu bestätigen wurde eine Immunhistochemie durchgeführt. Das Zytoplasma der Zellen war diffus und stark positiv für Panzytokreatin. Mehr als 50% dieser Zellen waren ebenfalls positiv für Vimentin. Die Co- Expression für beide Marker (einer epithelial und einer mesenchymal) bestätigen die mesotheliale Herkunft der Zellen und es konnte die finale Diagnose Mesotheliom gestellt werden. Andere viszerale Neoplasien epithelialer Herkunft können gelegentlich eine Co- Expression epithelialer und mesenchymaler Marker aufweisen (renales Karzinom, Lungenkarzinom, Sertoli- Zell- Tumor, Schilddrüsentumore). Diese Differentialdiagnosen wurden in Anbetracht des Fehlens eines Primärtumors ausgeschlossen.
Therapie und Verlauf
Die Katze erholte sich von der Vollnarkose, die klinischen Symptome (Anorexie, Vomitus) persistierten aber. Es wurde eine Piroxicam und intrakavitäre Platinum- basierte Chemotherapie vorgeschlagen, die vom Besitzer aber abgelehnt wurde. Nach weiteren 2 Wochen anhaltender Anorexie und Lethargie entscheiden sich die Besitzer zur Euthanasie der Katze und stimmten einer post mortem Untersuchung nicht zu.
Diskussion
Das Mesotheliom ist ein seltener Tumor, der aus den Mesothelzellen der Pleura, des Peritoneums und des Perikards entspringt. Er kommt hauptsächlich beim Menschen (oft assoziiert mit einer Asbest Exposition) und Hunden vor. Mesotheliome bei Katzen sind selten beschrieben. 1,2,3,4
Dieser Fall zeigt die Schwierigkeit bei der Diagnose von Mesotheliomen bei Haustieren und zeigt ebenfalls, dass die zytologische Untersuchung von anderen Untersuchungen (klinisches Bild, Histologie, Immunhistochemie) unterstützt werden muss, um eine korrekte Diagnose zu erhalten. Es wurde berichtet, dass Mesothelzellen unter reaktiven Bedingungen häufig signifikante Kriterien für atypische Zellen aufweisen, was die Unterscheidung zu Neoplasien erschwert. 2
Aus diesem Grund ist die initiale zytologische Interpretation in diesem Fall offen. Dennoch, die Abwesenheit einer Begleitentzündung, das Vorhandensein einer deutlichen Masse und der vermutete Ursprung in der Bauchhöhle ließ den Verdacht eines Mesothelioms zu. Die histologische Untersuchung ist ein wichtiges Werkzeug zur Diagnose eines Mesothelioms, obwohl sie möglicherweise nicht ausreicht und ähnliche Limitationen wie zytologische Untersuchung aufweist.2
Mehrere Formen eines Mesothelioms sind bei Tieren beschrieben: das Epithelioid, der fibröse und biphasische Typ. 1,2 Die Unterscheidung dieser Formen von einem Karzinom (epithelioide Form) und einem Sarkom (fibröse Form) kann schwierig sein. Eine Immunhistochemie kann dabei helfen. Mesotheliale Zellen sind für gewöhnlich positiv für epitheliale und mesenchymale Marker und die Co- Expression dieser Marker spricht meist für eine mesotheliale Herkunft.1,2 Unglücklicherweise wird diese Form der Co- Expression nicht in jedem Fall beobachtet und einige Formen eines Karzinoms (wie z.B. renales Karzinom oder Lungenkarzinom) können ebenfalls positiv für Vimentin und Zytokeratin2,4 sein. Die vorangegangenen Befunde und das Fehlen von Primärläsionen in anderen Organen wurden als ausreichend angesehen, um in diesem Fall die Diagnose Mesotheliom stellen zu können.
Die Diagnose Mesotheliom stellt auch in der Humanmedizin eine Herausforderung dar. Die International Mesothelioma Interest Group veröffentlichte 2009 Guidelines für die pathologische Diagnose maligner Mesotheliome welche ein großes Panel an Antikörpern einschließt, die primär zum Ziel haben, andere Formen eines Karzinoms auszuschließen. 5 Leider wurden die meisten dieser Marker (z.B. HBME-1, Calretinin, Anti- CEA, Desmin, E-Cadherin, Thrombomodulin, CD 15) erst selten bei Haustieren mit Mesotheliomen getestet und evaluiert. Die Identifikation von Mikrovilli auf der Oberfläche solcher Zellen mittels Elektronenmikroskopie hat sich als weiterer nützlicher Hinweis für die mesotheliale Herkunft der Zellen herausgestellt.2
Referenzen
1 Meuten DJ. Tumors of the alimentary tract. In: Tumors in domestic animals. Iowa, Wiley-Blackwell, 2002. 476-478.
2 Bacci B, Morandi F, De Meo M, et al. Ten cases of feline mesothelioma: an immunohistochemical and ultrastructural study. J Comp Pathol. 2006; 134: 347-354.
3 Marconato L, Del Piero F, In: Oncologia medica dei piccoli animali. Milano, Poletto Editore, 2005, 346-349.
4 Morini M, Bettini G, Morandi F, et al: Deciduoid peritoneal mesothelioma in a dog. Vet Pathol. 2006; 43: 198-201.
5 Usain AL, Colby TV, Ordonez EG et al. Guidelines for pathologic diagnosis of malignant mesothelioma: a consensus statement from the International Mesothelioma Interest Group. Arch Pathol Lab Med. 2009;133:1317-31.
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