Hautknoten und erythematöse Hautläsionen bei einem Hund

Maciej Guzera1,2, DVM PhD DipECVCP MRCVS
Agnieszka Cekiera3, DVM PhD
Cynthia de Vries4, DVM DipECVP

1 Laboklin, Bad Kissingen, Germany
2 Laboklin Polska, Warsaw, Poland
3 Wrocław University of Environmental and Life Sciences, Wrocław, Poland
4 Laboklin, Hoensbroek, the Netherlands

Signalement und Anamnese

Vorstellig wurde ein 6 Jahre alter, männlich kastrierter Dogo Argentino mit Hautknoten an der Flanke seit einem Monat. Der Besitzer hatte den Eindruck, dass diese den Hund nicht störten. Der Hund hatte zahlreiche Vorerkrankungen: immunbedingte Thrombozytopenie, Hypothyreose, Dermatophytose (Trichophyton sp. Infektion), wiederkehrende Harnwegsinfektionen. Dazu kamen Episoden von Pyrexie und Anämie. Er wurde mit Amoxicillin/Clavulansäure, Itraconazol, Enilconazol topisch, Prednisolon, Azathioprin, Gastroprotektiva, Levothyroxin, Multivitamin- und Mineralpräparaten, Fettsäuren und Eisen vorbehandelt und zusätzlich shampooniert. Versuche, die immunsuppressive Therapie abzusetzen scheiterten aufgrund eines erneuten Auftretens der Thrombozytopenie. Der Hund hatte keine relevanten Auslandsaufenthalte.

Klinische Untersuchung

Es wurden schuppige, erythematöse Läsionen an den Flanken entlang der Wirbelsäule beobachtet; viele waren mit getrocknetem Exsudat bedeckt. In den tieferen Teilen der Haut wurden mehrere Knötchen identifiziert. Die Knötchen variierten in ihrer Größe, waren aber im Durchmesser nicht größer als 1 cm. Zusätzlich  wurden Regionen mit Alopezie am Körper festgestellt (Abb. 1A-B). Die restliche klinische Untersuchung war unauffällig.


Abb. 1A
Abb. 1 A und B: schuppige, erythematöse Läsionen an der Flanke eines Hundes
Abb. 1B

Weitere Untersuchungen

Hämatologie

Im Blutbild waren eine milde bis moderate Anämie (Hämatokrit 0,30 L/L, RB: 0,37-0,61 L/L) auffällig. Die absolute Retikulozytenzahl betrug 26 x109/L (RB: 10-110 x109/L. MCV und MCHC waren im Referenzbereich. Zusätzlich wurde eine milde Lymphopenie beobachtet (0,93x 109/L, RB: 1,05-5,1 x109/L).

Blutchemie

In der Blutchemie waren eine mgr. Erhöhung der AP (654 U/L, RB: 23-212 U/L)  und eine ggr. Erhöhung der ALT (277 U/L, RB: 10-125 U/L) auffällig. Die AST war grenzwertig erhöht (51 U/L, RB: 0-50 U/L). CK und Lipase waren normal. Es wurde eine Therapiekontrolle der Hypothyreose durchgeführt. Das T4 war erniedrigt (0,5 µg/dL, RI: 1-4 µg/dL).

Harnuntersuchung

Harnteststreifen und Sediment waren unauffällig, es lag kein aktives Sediment vor.

Parasitologie

Im Hautgeschabsel und Trichogramm wurden keine Parasiten gefunden.

Zytologie

Es wurden Abklatschpräparate der oberflächlichen Läsionen genommen (Abb. 2A-B). Material aus den Knötchen wurde mittels Feinnadelaspiration gewonnen (Abb. 3A-D).
urden nicht erhoben.

Abb. 2A
Abb. 2: Zytologie des Abklatschpräparates einer Hautläsion eines Hundes, 50- fache Vergrößerung (A); 100- fache Vergrößerung (B), (Hemacolor Färbung)
Abb. 2B
Abb. 3A
Abb. 3B
Abb. 3C
Abb. 3: Feinnadelaspiration von Hautknoten eines Hundes, ungefärbt (A); 10- fache Vergrößerung (B); 50- fache Vergrößerung (C+D), Hemacolor Färbung
Abb. 3D

Was ist Ihre Interpretation der labordiagnostischen Befunde?
Welche weiteren Tests würden Sie veranlassen?
Was ist Ihre Diagnose?


Hämatologie

Die milde Anämie wurde aufgrund der Retikulozytenzahl als nicht regenerativ und aufgrund der normalen Erythrozytenindizes als normozytär, normochrom eingestuft. Um das zu bestätigen, ist eine Untersuchung des Blutausstriches empfehlenswert. Diese Art der Anämie ist häufig mit chronischen Erkrankungen- Entzündungen/Infektionen assoziiert. Auch die Hypothyreose kann bei diesem Patienten zur Anämie beigetragen haben. Aufgrund der Vorgeschichte und des milden Verlaufs der Anämie waren hämatologische Erkrankungen unwahrscheinlich. Es gab keinen Hinweis auf Blutungen.  Die ggr. Lymphopenie ist vermutlich eine Antwort auf die Wirkung der Glukokortikoidtherapie +/- Stress.

Blutchemie

Die mgr. Erhöhung der AP war auf die Glukokortikoidgabe zurückzuführen (Anstieg des steroid- induzierten Isoenzyms der AP).  Die leichten Erhöhungen von ALT und AST zeigten eine hepatozelluläre Schädigung  an. Eine arzneimittel- bedingte Hepatopathie ist wahrscheinlich. Primäre oder sekundäre hepatobiliäre Erkrankungen waren ebenfalls möglich und konnten ohne weitere diagnostische Aufarbeitung nicht ausgeschlossen werden. Eine Muskelverletzung war bei normaler CK-Aktivität unwahrscheinlich.
Die T4-Konzentration bei Hunden unter Behandlung von Hypothyreose sollte 4 bis 6 Stunden nach Verabreichung von Levothyroxin gemessen werden. Der T4-Wert sollte in der oberen Hälfte des Referenzbereichs liegen oder leicht erhöht sein. Wenn die Konzentration niedriger ist, sollte eine Dosisänderung in Betracht gezogen werden. Bei diesem Patienten könnte der T4-Spiegel durch exogene Glukokortikoide unterdrückt worden sein. Es gibt keine festgelegten therapeutischen Bereiche für Hunde, die mit T4- beeinflussenden Arzneimitteln behandelt werden. Daher sollten Entscheidungen über Dosisanpassungen in erster Linie vom Ansprechen auf die Therapie abhängen.

Zytologie

Bei der zytologischen Untersuchung der Abklatschpräparate wurden eine hohe Anzahl von Neutrophilen (von denen viele degeneriert waren) sowie eine geringe Anzahl von Lymphozyten und Makrophagen gefunden. Gelegentlich wurden hellblaue intrazelluläre Kokkenstrukturen gesehen.  Der Hintergrund war blassrosa, körnig und enthielt nukleare Überreste. Diese Befunde sprachen für  eine ausgeprägte neutrophile bakterielle Entzündung. Die beobachteten Kokken färbten sich weniger intensiv als gewöhnlich an, was ihre Degeneration aufgrund einer Antibiotikatherapie hätte widerspiegeln können. Eine oberflächliche Infektion / Entzündung war wahrscheinlich sekundär zu einem zugrunde liegenden Krankheitsprozess.
Das durch die Feinnadelaspiration aus den Hautknoten gewonnene Material war bei makroskopischer Bewertung ölig. Die zytologische Beurteilung ergab eine moderate Anzahl von vakuolisierten Makrophagen (mit gelegentlichen zwei- und mehrkernigen Zellen) und eine geringe Anzahl von nicht degenerierten Neutrophilen. Der Hintergrund war stark vakuolisiert; leichte Hämodilution war vorhanden. Diese Befunde wiesen auf eine mäßige gemischte Entzündung hin und spiegelten höchstwahrscheinlich eine pyogranulomatöse Entzündung des subkutanen Fettgewebes / Pannikulitis wider. Obwohl keine Bakterien gesehen wurden, konnte eine Infektion nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Weiterführende Untersuchungen

Histologie

Es wurde eine histopathologische Untersuchung empfohlen, um die zytologische Diagnose zu bestätigen und eine Neoplasie oder Infektion auszuschließen. Einer der Knötchen wurde herausgeschnitten und zur Bewertung eingeschickt. Ein mäßig abgegrenzter, nicht eingekapselter, zellreicher Knoten verdrängte das subkutane Fettgewebe und ersetzte dieses (Abb. 4). Der Knoten bestand aus einem multifokalem Bereich mit nekrotischen Adipozyten, umgeben von einem multifokalem bis verschmolzenem, mäßig bis stärker ausgeprägtem gemischtem entzündlichem Infiltrat, das aus einer hohen Anzahl von Makrophagen und in geringerem Maße aus nicht entarteten Neutrophilen, Lymphozyten und Plasmazellen bestand. Die Makrophagen zeigten eine mäßige Vakuolisierung des Zytoplasmas. Kleine Gruppen intakter und gut differenzierter Adipozyten mischten sich mulifokal in die entzündlichen Infiltrate. Es wurde eine multifokale milde Proliferation von vaskulärem und gut differenziertem Granulationsgewebe beobachtet. Infektionserreger, Fremdkörpermaterial oder Malignitätskriterien konnten in den untersuchten Abschnitten nicht nachgewiesen werden. Diese histopathologischen Befunde sprachen für eine noduläre Pannikulitis.

Abb.4: Histologie einer Pannikulitis eines Hundes (20- fache Vergrößerung, HE- Färbung)

Andere Untersuchungen

Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens wäre erforderlich, um eine mögliche Leber- und / oder Gallenpathologie zu untersuchen, wurde jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht durchgeführt.
Angesichts der Tatsache, dass der Patient Krankheiten mit Verdacht auf immunvermittelte Ätiologie (Pannikulitis, immunbedingte Thrombozytopenie) hatte, wurde ein Test auf systemische Autoimmunerkrankung / systemischen Lupus erythematodes durch Überprüfung auf antinukleäre Antikörper (ANA) und Rheumafaktoren (RF) in Betracht gezogen.
Eine kulturelle bakteriologische Untersuchung mit Antibiogramm der Hautläsionen / -knoten wäre hilfreich, um die weitere Therapie zu steuern.
Auf die serologischen und mikrobiologischen Tests wurde wegen des Risikos falsch negativer Ergebnisse verzichtet - der Patient erhielt eine Langzeitbehandlung mit systemischen Kortikosteroiden und Antibiotika.
Ein Gallensäurestimulationstest wäre notwendig, um die Leberfunktion besser beurteilen zu können, dieser wurde in diesem Fall nicht durchgeführt.

Diagnose

Die klinischen und labordiagnostischen Befunde sprachen für eine sterile noduläre Pannikulitis. Es gab ebenfalls Hinweise für eine oberflächliche bakterielle Infektion der Haut (höchstwahrscheinlich sekundär zur Grunderkrankung). Eine hepatobiliäre Erkrankung konnte ohne zusätzliche diagnostische Tests nicht ausgeschlossen werden.

Therapie und Verlauf

Die Pannikulitis entwickelte sich unter der Therapie mit Prednisolon. Aufgrund dieser Tatsache wurde das Glukokortikoid auf Methylprednisolon umgestellt. Die anderen Medikamente (außer Prednisolon) wurden wie zuvor fortgesetzt.
Bei der Nachuntersuchung 10 Tage später wurde eine Verbesserung beobachtet - die Hautläsionen begannen zu heilen und ihr Ausmaß nahm ab. Obwohl auch ein Anstieg des Hämatokrits festgestellt wurde, blieb der Patient anämisch.
Einen Monat nach dem ersten Besuch war sein Allgemeinzustand gut, aber der Hautzustand verschlechterte sich. Der Hund hatte Juckreiz und es traten neue exsudative Läsionen auf. Es wurden auch Hautverkalkungen variabler Größe beobachtet (bestätigt durch eine zytologische Untersuchung). Sie befanden sich überall auf der Haut des Tieres, waren jedoch hauptsächlich um den Rücken und die Flanken gruppiert (Abb. 5A-D). Die Haut war dünn und trocken und sein Bauch war leicht aufgebläht. Die biliären und hepatozellulären Enzyme stiegen an. Aufgrund der Befunde wurde ein iatrogener Hyperadrenokortizismus vermutet. Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens wurde durchgeführt und zeigte eine verringerte Größe beider Nebennieren, was für einen chronischen Überschuss an exogenen Glukokortikoiden spricht. Es gab auch Hinweise auf Urolithiasis, Cholelithiasis, mäßige intrahepatische Cholestase und Hepatomegalie mit parenchymaler Degeneration (Verdacht auf Steroidhepatopathie). Angesichts der vorliegenden Befunde trug wahrscheinlich eine hepatobiliäre Erkrankung neben der Behandlung mit Glukokortikoiden zum Anstieg von AP, ALT und AST bei. Die Diagnose eines iatrogenen Hyperadrenokortizismus kann durch einen ACTH-Stimulationstest bestätigt werden, der in diesem Fall aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt wurde. Um den iatrogenen Hyperadrenokortizismus umzukehren, die Leber zu schützen, den Schilddrüsenhormonspiegel zu normalisieren und einen Abfall der hämatologischen Parameter zu verhindern, war geplant, die hochdosierte Glukokortikoidtherapie schrittweise durch Cyclosporin zu ersetzen. Ein hepatoprotektives Nahrungsergänzungsmittel wurde ebenfalls empfohlen. Die Prognose war schlecht, da sich die Behandlung der gleichzeitig auftretenden Krankheiten gegenseitig ausschloß.

Abb. 5A
Abb. 5B
Abb. 5C
Abb. 5 A-D: Kalzifizierungen und exsudative Läsionen der Haut auf dem Rücken und der Flanke eines Hundes
Abb. 5D

Diskussion

Bei einer Pannikulitis handelt es sich um eine Entzündung des subkutanen Fettgewebes. Diese kann generalisiert oder lokal mit festen bis schwankend scharf abgegrenzten Knötchen auftreten, die sich normalerweise am Rumpf, Hals oder den Gliedmaßen befinden. Diese Läsionen können ulzerieren und öliges oder exsudatives Material absondern. Systemische klinische Symptome sind normalerweise mit einer generalisierten Erkrankung verbunden und können Pyrexie, Anorexie und Lethargie umfassen. Zu den ätiologischen Faktoren können Trauma, Fremdkörper- / Injektionsstellenreaktion, Infektion (bakteriell, aber auch pilzbedingt), immunvermittelte Prozesse, Pankreaserkrankung, unerwünschte Arzneimittelwirkung, Vaskulopathie und Vitamin E-Mangel gehören. Die Identifizierung der genauen Ursache kann im klinischen Umfeld schwierig sein.
Die sterile knotige Pannikulitis bei Hunden ist eine Erkrankung, die idiopathisch oder sekundär zu einer zugrunde liegenden systemischen Erkrankung vorliegen kann. Zu den prädisponierten Rassen zählen Dackel und Pudel. Die Diagnose basiert normalerweise auf dem Signalement (Hunderasse, junges Alter), der Verteilung der Läsionen (typischerweise Stamm), dem zytologischen Bild, negativen Bakterien- und Pilzkulturen und histopathologischen Befunden - einschließlich negativer Periodsäure-Schiff (PAS) -Färbung für Pilze. Die Histopathologie ist besonders wichtig in Fällen mit festen fibrotischen Läsionen, in denen die Zytologie das Vorhandensein atypischer mesenchymaler Zellen zeigen  kann, die zu einer Fehlinterpretation der Befunde führen kann. Die Standardbehandlung der sterilen Pannikulitis umfasst Antibiotika und Immunsuppressiva (z. B. Kortikosteroide, Cyclosporin).
Iatrogener Hyperadrenokortizismus ist eine Folge der Therapie mit exogenen Glukokortikoiden in entzündungshemmenden oder immunsuppressiven Dosen. Klinische Symptome und Laborwertveränderungen sind identisch mit der spontanen Form der Erkrankung. Bei Hunden mit Anzeichen eines Hyperadrenokortizismus wird ein schrittweises Absetzen der Steroidtherapie empfohlen. Dieser Fall zeigt ein teilweises Versagen der Behandlung bei einem Patienten mit mehreren Komorbiditäten, die entgegengesetzte Therapien erfordern.