Hautläsionen und Juckreiz am Kopf bei einem Hund
Maciej Guzera1,2 DVM PhD DipECVCP MRCVS
Agnieszka Cekiera3 DVM PhD
Gerhard Loesenbeck1 Dr. med. vet., Fachtierarzt für Pathologie
1 Laboklin, Bad Kissingen, Germany
2 Laboklin Polska, Warsaw, Poland
3 Wrocław University of Environmental and Life Sciences, Wrocław, Poland
Signalement und Anamnese
Vorstellig wurde eine 10 Jahre alte, nicht kastrierte Yorkshire Terrier Hündin, die seit 2 Jahren wiederkehrende Hautveränderungen und Juckreiz im Gesicht und an den Ohren zeigt. Der Besitzer berichtete über eine Verschlechterung des Hautbildes in den letzten 4 Monaten sowie über eine Zunahme und Ausbreitung des Juckreizes. Zusätzlich litt die Hündin an einer Konjunktivitis und Otitis.
Eine einige Monate vorher durchgeführte histopathologische Untersuchung ergab das Vorhandensein einer Follikulitis und einer Furunkulose.
Die Hündin bekam kommerzielles Trocken- und Feuchtfutter zu fressen. Sie hatte keinen Kontakt zu anderen Tieren und war nicht im Ausland.
Die Hündin wurde mit systemischen Antibiotika, Antiparasitika, NSAIDs (Tolfenaminsäure), topischen polyvalenten ophtalmologischen und otologischen Präparaten, Shampoos, Kochsalzkompressen und diätetischen Ergänzungen mit essentiellen Fettsäuren, Zink und Vitaminen vorbehandelt. Eine Glukokortikoidtherapie wurde ebenfalls versucht. Zum Zeitpunkt der Vorstellung erhielt die Hündin seit einigen Tagen Cephalexin.
Eine Verbesserung wurde trotz des breiten therapeutischen Ansatzes nicht beobachtet.
Klinische Untersuchung
Das Vorhandensein der Hautläsionen wurde in der klinischen Untersuchung bestätigt (Abb. 1A-C). Es fanden sich grobe Krusten an beiden Pinnae und an der rechten Wange. Weitere Läsionen waren diffus über den Rücken des Tieres verteilt. Unter den Krusten waren Ulzerationen und ausgeprägte eitrige Exsudate erkennbar. Zusätzlich litt die Hündin an einer Konjunktivitis. Im Hautgeschabsel wurden keine Parasiten gefunden.
Die restliche klinische Untersuchung war unauffällig.
Abb.1: Periaurikuläre krustige und eitrige Hautläsionen (A+B); Konjunktivitis (C)
Weitere Untersuchungen
Es wurden ein Blutbild und eine blutchemische Untersuchung durchgeführt, die beide unauffällig waren.
Zytologische Untersuchung
Es wurden Tesaabklatsch- und Tupferproben ausgestrichen und angefärbt. Das zytologische Bild beider war gleich (Abb. 2A-C).
Abb. 2: Zytologie der Tupferproben von Hautläsionen eines Hundes ; 20 fache Vergrößerung (A); 50 fache Vergrößerung (B); 100 fache Vergrößerung (C) (Hemacolor Schnellfärbung)
Mikrobiologie
Es wurde eine Probe des Exudats unterhalb der Krusten mit einem sterilen Tupfer entnommen und zur mikrobiologischen Untersuchung eingeschickt. Außerdem wurden Haare für eine mykologische Untersuchung eingesendet. Beide Untersuchungen waren negativ.
Schilddrüsenfunktion
Die Schilddrüsenfunktion wurde ebenfalls untersucht. Das Gesamt- T4 war geringgradig erniedrigt (1.22 µg/dL, RB: 1.3-4.5 µg/dL), das fT4 (16.1 pmol/L, RB: 7.7-47.6 pmol/L) und das TSH (0.4 ng/mL, RB: <0.60 ng/mL) waren normal.
Was ist Ihre Interpretation der klinisch- pathologischen Befunde?
Was ist Ihre Schlussfolgerung, was sind Ihre Differentialdiagnosen und was würden Sie als nächstes tun?
Interpretation der Ergebnisse
Zytologie
Die zytologische Untersuchung ergab folgende Befunde: Hohe Anzahl von neutrophilen Granulozyten (degeneriert und nicht degeneriert), Makrophagen, von denen einige kleine Partikel, Debris und Leukozyten phagozytieren, vereinzelt Lymphozyten (meist klein), gelegentlich intrazelluläre Bakterien (Kokken).
Diese Befunde zeigten das Vorhandensein einer gemischten Entzündung mit einer bakteriellen Komponente. Die Infektion könnte primär oder sekundär zu einer anderen Störung bedingt sein.
Mikrobiologie
Die Bakterienkultur war angesichts der zytologischen Befunde wahrscheinlich falsch negativ. Eine Antibiotikatherapie verringert die Empfindlichkeit der Kultur beim Nachweis von Bakterien. Bei der Einreichung einer Probe zur mikrobiologischen Untersuchung ist es wichtig anzugeben, dass der Patient Antibiotika erhält. Eine negative Pilzkultur konnte eine Dermatophyteninfektion nicht bestätigen.
Schilddrüsenfunktion
Ein geringgradig erniedrigtes Gesamt- T4 mit normalem TSH und fT4 spricht für das Vorliegen eines Euthyroid Sick Syndroms, zum Beispiel sekundär zu Hauterkrankungen.
Schlussfolgerung, Differentialdiagnosen und weiteres Vorgehen
Basierend auf den klinischen und labordiagnostischen Befunden wurde eine tiefe Pyodermie diagnostiziert. Diese ist wahrscheinlich sekundär zu einer vorliegenden Grunderkrankung (z.B. Allergie, immun-mediierte Erkrankung) bedingt. Eine Pilzinfektion und eine Neoplasie (z.B. Lymphom) erscheinen aufgrund der vorliegenden Befunde unwahrscheinlich. Es gab keinen Hinweis auf eine Hypothyreose oder Parasiten.
Das weitere diagnostische Vorgehen (erneute Hautbiopsie) wurde nach Abklingen der Pyodermie geplant. Das Antibiotikum wurde auf Doxycyclin umgestellt. Es wurden kurzzeitig eine polyvalente Augensalbe und Kochsalzkompressen eingesetzt.
Bei einer Kontrolluntersuchung 2 Wochen später konnte keine Verbesserung beobachtet werden. Die Hautläsionen sind bis auf die Stirn, die Basis der Pinnae und in die Augenumgebung vorgedrungen.
Zu diesem Zeitpunkt wurde entschieden, eine erneute histopathologische Untersuchung durchzuführen. Da ein immun- mediierter Prozess vermutet wurde, wurde nach der Biopsieentnahme eine Therapie mit Prednisolon (5mg/kg p.o.) begonnen. Daraufhin breiteten sich die Hautläsionen über den ganzen Körper der Hündin aus (Abb. 3). Außerdem verschlechterte sich ihr Allgemeinzustand. Sie wurde lethargisch und ihr Appetit und Durst nahmen ab.
Weiterführende Diagnostik
Histologie
Es wurden periaurikulär Stanzbiopsien der Haut entnommen. Die histologische Untersuchung deckte eine schwere, noduläre, pyogranulomatöse und perifollikuläre Entzündung mit mulitfokaler Furunkulose auf. Pilzelemente (Sporen und Hyphen) wurden in der Routinefärbung (Hämatoxilin+Eosin) identifiziert. Ihr Vorliegen wurde mit einer PAS- Färbung bestätigt. Die histologischen Befunde stimmen mit denen bei einer Pilzinfektion der Haut (Dermatophytose) vorkommenden Befunden überein (Abb. 4A und B).
Abb. 4: Dermatophytose in behaarter Haut eines Hundes: Pilzsporen und Hyphen um den Haarschaft in rupturierten Haarfollikeln und Furunkulose; 20 fache Vergrößerung Hämatoxilin- Eosin Färbung (A); 40 fache Vergrößerung PAS- Färbung (B)
Diagnose: Dermatophytose
Therapie und Verlauf
Es war eine systemische antimykotische Therapie erforderlich, es wurde mit Itraconazol für mindestens 6 Wochen begonnen. Des Weiteren wurden zusätzlich eine Shampootherapie und eine diätetische Ergänzung mit ß- Glycanen (wegen ihrer immunstimulierenden Eigenschaften) empfohlen. Die Behandlung mit der Augensalbe und den Kochsalzkompressen wurde fortgesetzt.
Der Allgemeinzustand der Hündin verbesserte sich schnell. Nach einem Monat berichtete der Besitzer, dass es der Hündin sehr gut gehe, und dass sie Hautläsionen deutlich zurückgingen (Abb. 5).
Interessanterweise wurde einige Wochen später eine Pilzinfektion der Haut bei dem Besitzer der Hündin nachgewiesen, was Bedenken hinsichtlich Kreuzreaktionen aufwirft.
Zusammenfassung
Eine Dermatophytose ist eine Pilzinfektion der Haut, der Haare und der Krallen mit zoonotischem Potential. Beim Hund wird diese meistens durch Microsporum canis, gefolgt von Microsporum gypseum und Trichophyton mentagrophytes hervorgerufen. Sie kommt meistens bei jungen oder immungeschwächten Tieren vor. Yorkshire Terrier sind anfällig für schwere M. canis Infektionen. Typische Anzeichen sind: kreisförmige Hautläsionen mit Alopezie, Papeln, Schuppen, Krusten und Hyperpigmentation. Bei manchen Patienten kommen Follikulitis und Furunkulose im Gesicht und noduläre Hautläsionen (Kerion) vor.
Die am meisten betroffenen Hautpartien sind Gesicht, Ohrspitzen, Schwanz und Pfoten. Die Erkrankung kann mit Hilfe einer Wood´schen Lampe, direkter Mikroskopie von Haaren und Schuppen, mykologischer Kultur, Histopathologie und molekularen Methoden (PCR) diagnostiziert werden.
Obwohl die Untersuchung mit der Wood´schen Lampe für ein initiales Screening empfohlen wird und die Mikroskopie eine schnelle Diagnose ermöglichen kann, müssen beide Nachweismethoden aufgrund ihrer Limitationen (Risiko von falsch negativen und falsch positiven Ergebnissen) mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Kultur ist der sensitivste Test zum Nachweis einer Dermatophytose und wird zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose empfohlen. Die Histopathologie ist weniger sensitiv. Sie sollte bei Patienten mit unklaren Ergebnissen, nodulären und atypischen Formen der Erkrankung durchgeführt werden.
Wie in diesem Fall, kann eine Pilzinfektion bei vorliegenden negativen Testergebnissen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Geeignete Probenahmetechniken, der Zugang zu hochwertigen Diagnosediensten und die kritische Auswertung der Labordaten sind sehr wichtig, um eine korrekte Diagnose zu erhalten.
Eine Behandlung wird im Allgemeinen empfohlen, um eine schnelle Besserung der Erkrankung zu gewährleisten und ihre Ausbreitung zu begrenzen. Trotzdem können sich gesunde erwachsene Hunde ohne pharmakologische Intervention erholen. Die optimale Therapie besteht aus topischen und systemischen Präparaten und einer Behandlung der Umgebung.
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